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Thesen der Gegner*innen widerlegt

Der Jahreshaushaltsüberschuss der Gemeinde beträgt 2020 ganze 22.300,- €. Die Gemeinde verfügt über Rücklagen von ca. 1.000.000,- €. Der Haushalt 2020 umfasst ein Volumen von 1.314.200,- €. Für den Evolutionsweg sind davon 4.600 €, also gerade einmal 0,35% vorgesehen. Neben den Lizenzkosten für die Schilder in Höhe von 2.500€ verbleibt der Rest des Geldes in der Region. Den Druck übernimmt voraussichtlich die Firma Harald Müller aus Rennerod, die Installation wird von der Gemeinde selbst durchgeführt. Dadurch kann das Projekt vermutlich sogar noch günstiger als geplant umgesetzt werden.

Das von den Gegner*innen angestoßene Bürgerbegehren erhöht die Gesamtkosten um 2000€. Darin enthalten sind, anders als von den Gegner*innen dargestellt, noch nicht alle Kosten für die Durchführung des Bürgerentscheids.

Quelle zum Nachlesen: Haushalt 2020 (rennerod.de)

Kurzgesagt: Eine solche Neutralitätspflicht gibt es tatsächlich. Da die Gemeinde allerdings auch Ausgaben in ähnlicher Höhe für christliche Projekte ausgibt, würde diese durch den Bau des Evolutionsweges oder eines ähnlichen Projektes sogar erst erfüllt.

Die juristische Argumentation in Langform für Interessierte:

Der Evolutionsweg dient den umliegenden Schulen als außerschulischer Lernort zur Veranschaulichung einer weithin anerkannten naturwissenschaftlichen Theorie zur Entwicklung der Menschheit und fügt sich in ein bereits bestehendes System vielfältiger Lernangebote im gesamten Westerwald. Als Beispiele seien der Barfußpfad und der Tierpark in Bad Marienberg, das Landschaftsmuseum in Hachenburg oder wissenschaftliche Informationstafeln am Dreifelder Weiher oder am Wiesensee genannt.

Den Beschwedeführenden ist die mit der Errichtung des Evolutionsweges verbundene Konfrontation mit den Auffassungen und Wertvorstellungen einer überwiegend säkular geprägten, pluralistischen Gesellschaft trotz des Widerspruchs zu ihren eigenen religiösen Überzeugungen grundsätzlich zuzumuten.

Das Grundgesetz verpflichtet zwar den Staat als Heimstatt aller Staatsbürger zu weltanschaulich-religiöser Neutralität (Art. 4 Abs. 1, Art. 3 Abs. 3 Satz 1, Art. 33 Abs. 3 GG sowie durch Art. 136 Abs. 1 und 4 und Art. 137 Abs. 1 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG). (gesetze-im-internet.de)

Das bedeutet jedoch lediglich, dass der Staat keine gezielte Beeinflussung im Dienste einer bestimmten politischen, ideologischen oder weltanschaulichen Richtung betreiben oder sich durch von ihm ausgehende oder ihm zuzurechnende Maßnahmen ausdrücklich oder konkludent mit einem bestimmten Glauben oder einer bestimmten Weltanschauung identifizieren und dadurch den religiösen Frieden in einer Gesellschaft von sich aus gefährden darf.

Eine Identifizierung der Gemeinde mit einer bestimmten Weltanschauung kann indes nicht erst in der Errichtung eines Evolutionsweges gesehen werden. Die Gemeinde Hellenhahn-Schellenberg hat im Jahr 2020 zum Beispiel für die Restaurierung des „Kreuzes Untergasse“ 3.200,- € und für die Restaurierung der Fensterbänke sowie der Belüftung der Kapelle „Kniesahlen“ 770,- € veranschlagt. (Siehe Haushaltsplan (rennerod.de)). Nach Ansicht der Beschwerdeführenden würde sich die Gemeinde durch diese einseitigen Ausgaben bereits einer bestimmten religiösen Ansicht anschließen, sodass die Errichtung eines Evolutionsweges zur Wahrung der Neutralität folglich sogar dringend geboten ist.

Insofern setzt die Gemeinde Hellenhahn-Schellenberg einen guten Meilenstein, die Offenheit für ein breites Spektrum von Meinungen und Auffassungen zu gewährleisten. Dies ist konstitutive Voraussetzung einer Gemeinde in einem freiheitlich-demokratisch ausgestalteten Gemeinwesen.
Die Allgemeinheit hat ein gesteigertes Interesse an einer möglichst breit gefächerten Informationsfülle. Dieser Auftrag richtet sich nicht nur auf die Vermittlung von Wissen und die Erziehung zu einer selbstverantwortlichen Persönlichkeit. Er richtet sich auch auf die Heranbildung verantwortlicher, allgemeingebildeter Staatsbürger, die gleichberechtigt und verantwortungsbewusst an den demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft teilhaben. Soziale Kompetenz im Umgang auch mit Andersdenkenden, gelebte Toleranz, Durchsetzungsvermögen und Selbstbehauptung einer von der Mehrheit abweichenden Überzeugung können effektiver eingeübt werden, wenn Kontakte mit der Gesellschaft und den in ihr vertretenen unterschiedlichen Auffassungen nicht nur gelegentlich stattfinden, sondern als Teil der eigenen Gemeinde anerkannt werden.

Hiermit stünden weder ein von den Beschwerdeführenden geforderter Abbruch des Projekts, durch welches der Staat vielmehr Gefahr liefe, das Gebot weltanschaulicher und religiöser Neutralität zu Lasten anderer Anschauungen zu verletzen, noch eine völlige Abschottung der Gemeinde von dem breiten Spektrum der in der Gesellschaft vertretenen naturwissenschaftlichen und moralisch-ethischen Positionen in Einklang.

Die Errichtung eines Evolutionsweges ist folglich dringend geboten und den Beschwerdeführenden ist dieser daher grundsätzlich zumutbar.

Entlehnt an:
BVerfG, Beschluss vom 31.05.2006 - 2 BvR 1693/04 (openjur.de)
Kruzifix-Beschluss des BVerfG vom 16.5.1995 (bayern.de)



Die Giordano-Bruno-Stiftung ist eine humanistische Stiftung, die sich unter anderem für die Trennung von Staat und Kirche einsetzt. Sie fällt auch hin und wieder durch provokante Aktionen auf. Da der Evolutionsweg keinerlei Bezug zur Stiftung erkennen lässt und absolut sachlich und unprovokant gestaltet ist, werden wir hier nicht weiter darauf eingehen.
Wer sich ein eigenes Bild machen möchte, kann auf der Website der Stiftung stöbern: giordano-bruno-stiftung.de

Der Evolutionsweg stellt die Evolutionstheorie tatsächlich ohne jeglichen Gottesbezug dar. Dies ist seine Aufgabe. Er ist kein Schöpfungsweg.

Die Evolutionstheorie ist eine wissenschaftliche Theorie. Nur solche Aussagen, die falsifizierbar sind, also grundsätzlich widerlegt werden könnten, können in der Wissenschaft getätigt werden.
Die Existenz und das Wirken Gottes sind nicht falsifizierbar. Das bedeutet nicht, dass es keinen Gott geben kann, sondern nur, dass wir die Existenz nicht widerlegen können. Gott ist daher niemals Gegenstand wissenschaftlicher, sondern stets nur philosophisch-theologischer Überlegungen und hat in wissenschaftlicher Lehre keinen Platz. Auch gläubige Wissenschaftler*innen blenden Gott in wissenschaftlichen Überlegungen gänzlich aus.
In den Worten Harald Leschs: "Die Wissenschaft ist eine absolut gottfreie Veranstaltung. Und trotzdem muss sie keine gottlose Veranstaltung sein."

Wie die Sicht von Kirche und Wissenschaft auf die Evolution ist und warum die beiden sich nicht ausschließen, können Sie auf der jeweiligen Seite nachlesen.

79% der Einwohner*innen Hellenhahn-Schellenbergs gehören einer christlichen Glaubensgemeinschaft an und beten laut der Gegner*innen regelmäßig das Glaubensbekenntnis mit dem Passus "Ich glaube an Gott, [...] den Schöpfer des Himmels und der Erde".

Erstens stehen die christliche Schöpfungsgeschichte und die Evolutionstheorie nicht im Widerspruch zueinander. Dass die Bibel nicht wörtlich, sondern als menschliches Produkt ihrer Zeit zu verstehen ist, ist seit sehr langer Zeit theologischer Konsens. Papst Johannes Paul II., Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus haben alle drei die Vereinbarkeit bestätigt. (Mehr dazu unter „Position der Kirchen“)

Zweitens wird impliziert, 79% der Mitbürger*innen würden regelmäßig das Glaubensbekenntnis beten. Dass das mit der Lebensrealität der meisten Bürger*innen sehr wenig zu tun hat, muss auch den frommsten Christ*innen klar sein. Der Hellenhahner Gottesdienst müsste jede Woche mit über 1000 Gläubigen hoffnungslos überfüllt sein. Eine solche Menge an Menschen ist nicht einmal an Weihnachten oder Ostern zu sehen. Laut einer Studie (fowid.de) der "Forschungsgruppe Weltanschauungen Deutschland" praktizieren lediglich 7,9% der Deutschen ihren Glauben, obwohl 61,2% einer Glaubensgemeinschaft zugehörig sind.

Die Gegner*innen zählen eine Reihe von Wissenschaftlern auf und behaupten, diese hätten ebenfalls die Evolutionstheorie angezweifelt und an Gott geglaubt. Diese Passage ist besonders von Fehlern und Falschaussagen durchzogen.

Zum einen konnte es noch vor 100 Jahren sehr gefährlich sein, sich öffentlich vom Glauben zu lösen. Gesellschaftliche Isolation war oftmals die Folge. Die Aussagen Einzelner zu ihrer Religiösität sind also mit Vorsicht zu genießen.

Blaise Pascal verstarb 1662, Sir Isaac Newton verstarb 1727. Das sind 197 und 132 Jahre vor der Veröffentlichung von Darwins „Entstehung der Arten“. Die beiden hätten sich nicht einmal gegen die Evolutionstheorie äußern können, wenn sie gewollt hätten.

Von Max Planck und Werner Heisenberg konnten wir keine Aussage zur Evolution finden. Beide waren vage religiös und lebten einen aufgeklärten Glauben, der nicht im Konflikt mit ihren bahnbrechenden wissenschaftlichen Erkenntnissen stand.

Albert Einstein war nicht religiös und schon gar nicht christlich. Das angebliche Zitat ist eine Falschzuschreibung und als einzige Quellen lassen sich christliche Websiten finden. Einstein war sogar ein ausgesprochener Gegner der organisierten Religion und würde heute wohl als theistischer Agnostiker bezeichnet werden. Klicken Sie hier (wikipedia.org) für einen detaillierten Artikel zu Einsteins religiösen Ansichten.

Zu guter Letzt ist ein argumentum ad verecundiam, oder auch Autoritätsargument, in seriösen Debatten grundsätzlich eine sehr schlechte Idee. Nur weil ein Mensch besonders klug oder berühmt ist, ist seine Meinung allein kein zulässiges Argument.